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Bericht zur Erkundung in der Pfarrei der Zukunft St. Wendel

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Hier können Sie die PDF des gesamten Erkundungsberichts (inklusive der im Text erwähnten Anlagen) aus der Pfarrei der Zukunft St. Wendel herunterladen.

Ausgangspunkt

Wir beginnen im Jahr 2018, in der viele katholische Christen sich ihrer Kirche als einer „pfarrgemeindlich“ organisierten Kirche verbunden fühlen. Ihr (Glaubens-)Leben ist durch die „Pfarrgemeinde“ geprägt, hier finden sie Heimat. Je nach Generation ist das Zugehörigkeitsgefühl unterschiedlich. Eine starke Bindung gilt vor allem für jene, die vor 1950 geboren sind ( > 70jährige). Wir erleben das Sankt Wendler Land (im Gegensatz z. B. zur städtischen Situation in Saarbrücken, wo wir auch „Erkunder“ sind) mit einer stark (katholisch) kirchlich geprägten Tradition, besonders aber für bestimmte Milieus bzw. und Altersgruppen.

Unser Ausgangspunkt der Erkundung in der „Pfarrei der Zukunft St. Wendel“ verstehen wir als einen Prozess, der sich über das (traditionelle) Bild einer „Pfarrgemeinde“ (Gemeinde deckungsgleich mit der territorial und rechtlich umschriebenen Pfarreigrenze, in der „Gemeinde“ und „Pfarrei“ identisch sind) erstreckt und den Blick auf das Lebensumfeld aller Menschen richtet, die auf dem neuen Gebiet der „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“ leben, wohnen, arbeiten, feiern, …

Unser Erkunden hat damit jene im Blick, die sich um die Zukunft der „Pfarrei“ sorgen; hat aber auch diejenigen im Blick, die über das (bisher) gemeindlich Bekannte hinaus in einer anderen Art und Weise ihr Christ-Sein zu leben suchen bzw. in neuen und anderen Formen Spuren des Evangeliums entdecken.

Es geht uns um ein Erkunden, das im Zuhören und im Dialog mit allen Menschen im genannten (Sozial)Raum in Kontakt ist:

  • mit jenen, die ihr Christsein in den bisherigen Formen leben und in der bisherigen Form Heimat, Identität und Rückhalt finden
  • mit jenen, die unkonventionell und in anderen (möglicherweise irritierenden) Formen für ihren Glauben einstehen bzw. mit jenen, die im Umfeld der „Pfarrgemeinde“ keine (spirituelle) Heimat (mehr) finden.
  • mit jenen, die keiner Konfession angehören… Wir schätzen die „Fremdprophetie“ (d.h. andere Sichtweisen, andere Gedankengänge).

Wir entdecken hierin eine Bereicherung für den zukünftigen Weg der „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“, wo eine netzwerkartige Pastoral möglich ist und wo „Orte von Kirche“ (Diözesansynode) entstehen. Beispielhaft erleben wird das mit einem (zufälligen) Gespräch während einer Ortserkundung. Zwei Nachbarn erzählen uns mit viel Leidenschaft von ihrem Engagement beim NABU (Naturschutzbund). Ohne die beiden NABU-Engagierten „kirchlich“ zu vereinnahmen stellen wir uns (und unserem pastoralen Handeln) nach dem Gespräch die Frage: Welche Allianzen sind zukünftig in der gemeinsamen „Sorge um das gemeinsame Haus“ (Papst Franziskus) möglich? Wo können wir als christliche Gemeinde den Gedanken der Schöpfungsverantwortung mit anderen Gruppierungen teilen? Wo könnten wir andere unterstützen? Wo findet das – gesellschaftlich relevante und theologisch bedeutsame (vgl. politische Debatten um Klimaschutz; Friday for future, …) – Thema der Schöpfung/Ökologie einen Stellenwert in unserer Pastoral? Kam es bisher überhaupt vor? Wenn ja, in welcher Weise?

Zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse und Wahrnehmungen - Die Themen

Im Folgenden benennen wir sechs Punkte, die uns in der Zeit des Erkundens aufgefallen sind. Sie scheinen uns für den Weg der „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“ wichtig. Die Auflistung ist wiederum nicht erschöpfend; es geht vielmehr um Impulse, mit denen thematisch-inhaltlich weitergearbeitet werden kann. Es sind knapp verfasste Gedanken, keine längeren Abhandlungen.

Wir folgen dem Schema

  • hingehört O-Töne aus dem Bereich der Erkundung,
  • nachgedacht Reflexion,
  • thinktank Fragen und mögliche konkrete Überlegungen für die Gestaltung der Pastoral und deren Schwerpunktsetzung und
  • angeregt je ein Textbaustein, der uns in unseren eigenen Überlegungen wichtig war und den wir gerne für weitere Überlegungen als „Anregung“ in der „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“ teilen.
  • I. Die Freude am Neuen

    hingehört

    „Wenn aber der Volksmund schon sagt ‚Neue Besen kehren gut!‘, dann haben wir insgesamt nicht das schlechteste Gefühl, dass diese jetzt anstehende Umsetzung der Synode zwar das Bistum ‚gehörig durchschütteln‘ wird, aber am Ende wird die ‚Generalsanierung‘ sicherlich gelingen.“

    Teilnehmer Erkundungsgespräch [Anhang 04 in der Dokumentation]

    „neue Formen der Glaubensbegegnung entwickeln“ [MEMO 22 in der Dokumentation]

    „Wenn man es also positiv betrachtet, dann öffnet diese Einstellung plötzlich Freiräume und schafft Vertrauen, dass alle am gleichen Strang ziehen“

    [Teilnehmerin Abendveranstaltung „Rendez- Vous im Raum“, Oberthal]

    nachgedacht

    Was steht an erster Stelle der „Ergebnisse“? Was ist das „Wichtigste“?

    Möglicherweise ist der erste Punkt am interessantesten. Und gleichzeitig ist dieser Punkt nicht ganz einfach darzustellen, da er nicht quantifizierbar „messbar“ ist. Von Anfang an hat uns das „Erkunden“ in der Pfarrei Sankt Wendel Freude bereitet:

    • die Begegnung mit den Menschen und ihren Lebensgeschichten;
    • die Entdeckung anderer Perspektiven, auch über den „kirchlichen“ Horizont hinaus;
    • das (An-)Hören von Fragen, die Unsicherheit und Angst vor der zukünftigen Situation des Lebens der Gemeinde ausdrücken;
    • das Miteinander-Teilen von Überlegungen und Perspektiven, wenn es um die Weiterentwicklung der Orte bzw. der Stadt Sankt Wendel geht;
    • das Geschenk der Berichte, wenn Menschen froh und stolz von ihrer Heimat, dem „schönen Sankt Wendler Land“ sprechen, dort wo sie gerne zuhause sind und leben;
    • die Einsicht, dass die Offenheit bei den Menschen fürs Erkunden im „Außenkreis“ sehr groß ist  (während uns „ad intra“ unserer Kirche viel Skepsis, Unmut und bisweilen großes Misstrauen begegnet);
    • das Mit-Leiden und das Stumm-Sein in den Momenten, wenn Menschen uns ihre Biographie anvertraut haben  - und davon berichten, dass sie in der Gesellschaft (und oft auch in der Kirche) in ihrer Not keine Hilfe und keine Unterstützung erfahren;
    • das Interessante, wenn Leute auf eine erfrischende Art und Weise etwas anpacken und mit anderen mutig gestalten, Neues ausprobieren;
    • das facettenreiche Kaleidoskop von Momentaufnahmen von Themen und Lebenseinstellungen, von Fragen, von Sorgen, von Initiativen

    All das ist nicht in einem einzigen „Ergebnis“ zu sichern, da es um vielfältige Geschichten von Menschen (und oft um deren Glaubensleben) geht. Ansatzweise können die „Memos“ einen Einblick in die Erfahrung geben. Unsere Erfahrung ist: an so vielen Stellen haben wir eine offene Tür erlebt! 

    „Mir hört jemand zu“ – dieses Aha-Erlebnis war oft da. „Ihr/Jemand seitens der Kirche interessiert sich für mich?  - Das ist neu, das ist gut.“  - so und so ähnlich haben wir es an vielen Stellen gehört und gespürt. Für uns als Erkunder in der „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“ steht das an entscheidender Stelle: „Plötzlich sind Freiräume da, die Vertrauen schaffen“ (s.o.; Zitat). Das Synodendokument „herausgerufen“ spricht in diesem Zusammenhang von „Anders-Orten“. Es sind jene Orte, die über die bisherigen Strukturen des pfarrlichen Lebens hinausweisen und doch erkennen lassen, wie Gottes Geist schon längst kreativ und lebendig (auch außerhalb des kirchlichen Betriebs) wirkt. „So öffnet sich die Kirche von Trier über ihre Grenzen hinaus auf andere hin.“, so unsere Diözesansynode. Die Kirche „begibt sich dabei in das ihr selbst Fremde“. Vgl. Etscheid-Stams, Markus/Laudage-Kleeberg, Regina/Rünker, Thomas, Hg., Kirchenaustritt – oder nicht? Wie Kirche sich verändern muss, Freiburg 2018, 295: „Das einzelne Kirchenmitglied erlebt Kirche meist zu bestimmten Gelegenheiten. Für Außenstehende wirken Gemeinden oder kirchliche Gruppen gelegentlich wenig einladend. Manche neigen dazu, sich in der eigenen Vertrautheit abzuschotten. Kirche soll aber offen sein für alle. … Dies gilt beinahe im gleichen Maß für Hauptberufliche und Ehrenamtliche, die in katholischen Kindertagesstätten, Büchereien, Gemeindebüros, Krankenhäusern, Altenheimen, Beratungsstellen usw. oft der erste und einzige Kontakt zu diesen Menschen sind.“

    Schließlich: Die Zeit war nicht immer konfliktfrei, da wir als Erkunder in der spannungsreichen Zeit der sogenannten „Umsetzung der Diözesansynode“ unterwegs sind. Das Entdecken jedoch, dass sich ‚so viel Leben‘ im Sankt Wendler Land rührt, das hat uns selbst ermutigt! Das ist unser erstes „Ergebnis“: Die „Lust an Neuem“!

    Selbst da, wo schon alles geregelt zu sein scheint, da ist Bewegung. Es kommt auf die Perspektive an: Wie verstehen wir unser „Christ-Sein“ in einer pluralen Gesellschaft? Was bedeutet „Kirche-Sein“ in einer Zeit, in der es viele Optionen zur Lebensgestaltung gibt?

    thinktank

    • Heimat, Identität, Sicherheit
    • Nähe, Pastoral der „Nähe“ – Ansprechbarkeit vor Ort
    • Kirche der „Weite“: in der „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“ als territorialer Raum  - aber auch als „Kirche der Weite“, die nicht einengt – eine Kirche der Freiheit…
    • Neues
    • Ausprobieren
    • Grenzen überschreiten
    • Gutes bewahren
    • Tradition
    • Bekanntes sichern

    angeregt

    „…es klebt uns viel Dreck an den Schuhen. Das Neue türmt sich auf wie eine Wand!

    Ach, wenn wir uns doch nicht festgesetzt hätten in den Traditionen. Wie sind wir doch beharrend, festgefahren, eingeübt im Bewährten. Die Besitzstandswahrung steckt uns tief in den Knochen. […] Ich spüre Angst, Sorge, Verdruss. Unsicherheit habe  ich in den Gesichtern gelesen. Aber sie unterschlagen ihre eigenen Erfahrungen.

    Die Statistik sagt, dass man heute viermal den Beruf wechselt, dreimal umzieht und zehn neue Betriebsanleitungen studiert. Wir tauschen die Apparate, die Maschine, die Möbel, die Kleidung. Da haben wir nicht gemotzt. Wie viel haben wir zurückgelassen? Wie oft haben wir uns neu installiert. Und es dauert, bis wir wissen, wo die Dinge liegen. Wie oft sind wir abgereist?

    Fremde Länder, ja sogar Erdteile. Die Frage ist, wie viele Du motivieren kannst. […] Ich habe genug Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem Bistum getroffen, die erkannt haben, was die Stunde schlägt. Ich bin genug Mitbrüdern begegnet, die mit Leidenschaft und kraftvoll den neuen Weg mit Dir gehen.“ (Schwarz, Leo, herausgerufen und mittendrin, Erfahrung eines Nichtsynodalen, Trier 2017, 77.)

  • II. Unsere Option: für wen?

    hingehört

    „Wissen Sie, selbst wenn man so arm ist wie ich, möchte man nicht alles geschenkt bekommen. Meine 510 € Rente reichen, ich komme klar damit, allerdings nicht zwischen Dezember und Februar. Die Energiekosten fressen mich auf. Ich sammele dann 2x die Woche Dosen und Flaschen, dass ich mir vom Pfandgeld eine reguläre Tasse Kaffee leisten kann“

    [Memo WND 19 in der Dokumentation]

    „Hunger nach Akzeptanz, nach Angenommen sein trotz Lebensbrüchen, Hunger nach einem guten Wort, nach Begegnung auf Augenhöhe, Hunger nach Weggeleit (Anwaltsfunktion Caritas), nach menschlichem Interesse. Hunger nach Essen, wenn Einkommen für Ernährung nicht reicht bis zum Monatsende, Hunger nach „Überlebensstrategien“ Wie koche ich, wie sorge ich für mich und meine Familie?“

    [Memo WND 25 in der Dokumentation]

    Befragung – Globus, Altersarmut : Altersarmut, Mobilität auf dem Land

    „Armut versteckt sich, benachteiligte Straßen und Wohnquartiere gibt es auch auf dem Land (Vororte), Multiproblemlagen der Menschen (Arbeitslosigkeit, Verschuldung, Sucht, Krankheit) isolieren, verhindern Teilhabe.“
    Petra S.

    „Hier vor Ort begeistert mich nichts mehr an Kirche. Was ich aber zugeben muss, das treue Einsetzen für die Armen, ob hier oder in Bolivien, Afrika, Indien beeindrucken mich.“
    [Memo WND 25 in der Dokumentation]

     

    nachgedacht

    Die Zeit unserer Erkundungen in der „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“ ist verbunden mit unterschiedlichen Gesichtern der Armut. Das Engagement der kirchlichen Einrichtungen für die Benachteiligten wird gewürdigt, gerade im Gespräch mit den Betroffenen selbst. Das diakonische Wirken der Kirche in den so unterschiedlichen Arbeitsbereichen wird positiv wahrgenommen, das gilt sowohl in der professionellen Arbeit [z.B. MEMO WND 03 s. Stiftung Hospital; MEMO 06 s. Marienrankenhaus; MEMO WND 13], s. Lebensberatung; MEMOWND 16, s. Caritas Flüchtlingsdienst in der Dokumentation], wie auch in den spontanen und alltäglichen Herausforderungen. Das diakonische Engagement ist ein – der ? – Glaubwürdigkeitsfaktor der Kirche.

    An nicht wenigen Stellen ist uns als Erkunder die Ko-Existenz, das Neben-Einander, zwischen „Pastoral“ und „Caritas“ aufgefallen. Einige „Außenstehende“ bringen die Arbeit der „Caritas“ nicht mit der Kirche in Verbindung. Aus der kirchlichen Innenperspektive der pastoralen Arbeit gibt es wiederum eine Art „Delegation“ der sozialen Fragen zur professionellen Caritas.

    Unsere eigene Erfahrung? Als diözesane Erkunderteams sind wir „multiprofessionell“ aufgestellt: Konstitutiv gehört zu jedem Team eine Caritasmitarbeiterin mit zwei weiteren Erkundern (oft aus dem Bereich der pastoralen Berufe). Im Sinn einer diakonisch-missionarischen Kirchenentwicklung im Bistum Trier haben wir die Zusammensetzung von Erkundern aus den Bereichen der Caritas und Pastoral als sehr bereichernd (im Team) erlebt. Die jeweiligen Perspektiven bereichern und ergänzen sich. Hier sehen wir eine große Chance der Weiterentwicklung und Vernetzung. Folgende Lebensthemen sind uns in der Nennung mehrfach in der PdZ Sankt Wendel begegnet.

    Vgl. die angegebenen MEMO-Ziffern in der Dokumentation

    • Alterseinsamkeit, Überalterung der Gesellschaft [vgl. MEMOWND 03]
    • Geflüchtete [vgl. MEMOWND 16]; weiterführend dazu und sehr konkret der Kontakt zwischen der Stadt Sankt Wendel und der Insel Lampedusa, [vgl. MEMOWND 17; 21]
    • Zerrüttete Ehe, neue Familiensituationen [vgl. MEMOWND 03]
    • Einsatz für Kranke [vgl. MEMOWND 01, MEMOWND 06; MEMOWND 11]
    • Beratung für Menschen in existentiellen Krisen [vgl. MEMOWND 21]
    • Inklusion, Behinderte [vgl. MEMOWND 26]

     

    thinktank

    • Tandems zwischen Caritas (im weiteren Sinn) und der Pastoral einrichten bzw. organisieren (wie z.B. bereits in der Flüchtlingsarbeit praktiziert)
    • Pastorale Teams mit Theologen und anderen Professionen: Reichtum der je anderen Blickrichtung  (Sozialarbeiter, Erzieherinnen, Kirchenmusiker,…)
    • Schnittstellen zwischen der verbandlichen organisierten Caritas und der Pfarrei fördern, stärken, …
    • Die „große Ökumene“ leben: In der Sorge um das eine gemeinsame Haus (vgl. die griechische Wortbedeutung „oikos“ = „Haus“) Allianzen und Netzwerke bilden; wie z.B. eine Mitarbeiterin von Greenpeace anregt; christl. ökumenisches Gespräch weiter  pflegen und „Allianzen“ des Handelns bilden, s. das Beispiel der „Hoffnungsgottesdienste“
    • Mit Einrichtungen, die für Kooperationen offen sind,  weitere Schritte als „Ort von Kirche“ gehen (s. „Stiftung Hospital“, Saarländischer Schwesternverband, „Wendelinushof“, … )  -

     

    angeregt

    „Heute fordert die Option für die Armen die Kirche auf, den Stimmlosen eine Stimme zu geben, die Wehrlosen zu verteidigen, den Armen Würde und Initiative zu ermöglichen, soziale Strukturen und politische Maßnahmen nach ihren Folgen für die Armen zu bewerten. Zur caritativen Hilfe in der Not gesellt sich mithin die Hilfe zur Selbsthilfe und die strukturelle Hilfe. […] Verkündigung des Evangeliums und Förderung der Gerechtigkeit sind wie die zwei Seiten einer Münze." (Sievernich, Michael, Mission im Wandel. Historische Leistung und künftige Aufgabe, in: StZ 213 (1995) 677-690, 689.) 

  • III. „Wohin gehen wir, um das zu finden, was unsere Seele nährt?“

    hingehört

    Vereinzelte Kunden und Verkäuferinnen suchen in Pausen, vor oder nach Dienst, die Stille der Wendalinuskapelle auf, um wesentlich zu werden, was ihnen Weihnachten bedeutet. Die Nähe zur Basilika macht die Wege zur Anlehnung und zum Krafttanken möglich. Auch das Leitbild des guten Hirten Wendelin ist ein Seelenbild, das Kraft schenkt (so eine Verkäuferin).

    Kirchenräume für kleine Glaubensgruppen zugänglich halten. Die Wirkung des Raumes führt in die Ruhe und Begegnung. Leitbilder werden gesucht.

    [Memo WND 12 in der Dokumentation]

     

    Ich mag so die Glocken meiner Kirche (St. Wendelin). Sie sind mein Morgen, mein Mittag, mein Abend. Ich gehe zwar nicht in die Kirche, aber die Glocken möchte ich nicht vermissen. Es tröstet mich über vieles hinweg, dass diese Glocken schon zu meiner Taufe, zu meiner Kommunion, zu meiner Hochzeit geläutet haben und ich hoffe, dass sie auch zu meinem Abschied von dieser Welt läuten.

    [Memo WND 19 in der Dokumentation]

     

    „Meine Frau möchte, dass Gott mich in meinem Dienst begleitet.“

    [Memo WND 23 in der Dokumentation]

     

    „Nochmals: Woher die Kraft (im Gottesdienst) für den Alltag finden? Wo kann ich  - ohne ‚Peinlichkeit‘ - am Sonntag Gottesdienst feiern?“

    [Memo WND 04 in der Dokumentation]

     

    nachgedacht

    Immer wieder ist das Thema der Spiritualität bzw. der Sinnsuche aufgetaucht. Bis auf eine Ausnahme (als Kontaktaufnahme per E-Mail) haben wir als Erkunder an vielen Stellen Nachdenklichkeit erlebt, wenn es um das Thema des geistlichen Lebens und der spirituellen Praxis geht. Für viele stellt sich die Frage nach einer alltagsrelevanten Spiritualität. Für jene, die sich mit der Kirche verbunden fühlen, ist die Frage nach einer ansprechenden Form des Gottesdienstes virulent. Jene, die nicht im traditionellen (kirchlich auch außerkirchlich) Bereich beheimatet sind, suchen Orte und Momente der Mediation, Stille, Gottesdienst,….

    Die Musik wird als wichtiger Faktor (vgl. MEMO WND05 in der Dokumentation) genannt: „Menschen sind interessiert, wollen sich im Bereich der Musik (auch: Chor) mit einbringen.“

    Die Basilika St. Wendel mit dem Angebot von Konzerten, aber auch die Momente des Innehaltens während der Adventszeit oder dem „Ostermarkt“ werden als ansprechende Momente der „Spiritualität“ erlebt (vgl. MEMO WND05 in der Dokumentation).

    Die Form des Pilgerns („als Beten mit den Füßen“) im „schönen Sankt Wendler Land“ und in der Natur (vgl. MEMO WND02 in der Dokumentation) wird geschätzt. Die „offene Kirche“ als ein Ort für Ruhe (mit dem einfachen Anzünden von Kerzen) wird erwähnt; die Missionshauskirche der Steyler Missionare wird als ein Referenzpunkt, der das Stadt- bzw. Landschaftsbild prägt (nicht nur architektonisch), gesehen.

    Die Aktion „Friedenslicht im Advent“ ist beliebt und die Liturgie der Reihe  „Hoffnungsgottesdienste“ hat im August 2019 zum 50. Mal stattgefunden. Ein Fundstück des Erkundens war u.a. auch die „Woche der Stille“, die zum wiederholten Mal im November stattfindet (auch mit Beteiligung im Landkreis Sankt Wendel). Unterschiedliche Veranstalter laden zu der bundesweit organisierten Woche ein (http://stille-im-saarland.de/Programm/Landkreis-St-Wendel ). Im Saarland waren es im Jahr 2018 über 80 Veranstaltungen zur „Woche der Stille“; die von der Kirche getragenen Angebote waren jedoch gering – obwohl die Tendenz und die Sehnsucht nach „Ruhe“/ „Stille“ groß ist und aus der Praxis der Kirche ein spiritueller Schatz da ist

     

    thinktank

    • Ansprechende Orte des Gebetes: nicht nur „wo“ und „wie oft“ feiern wir Gottesdienst (Eucharistie), sondern „wie“? Wer kommt zusammen, mit welcher „Qualität“ der Vorbereitung, thematische Schwerpunktsetzung, musikalische Gestaltung, „Ansprache“?
    • Offene Kirchen
    • Welche „Ästhetik“ ist im Kirchenraum zu finden? Wie sehen die „sakralen“ Räume aus? Ansprechend? Einladend? Welche Frömmigkeitsform wird ausgedrückt?
    • Reichtum an „Volksreligiosität“ im Sankt Wendler Land  - ausgedrückt durch Kapellen, Weg-Kreuze, …
    • Biblische Spiritualität, „Leben aus dem Wort Gottes“ – wo werden „kleine“ Gruppen initiiert und gestärkt?
    • Leitbild „Heiliger Wendelinus“ mit Wallfahrtswoche, Anziehungspunkt für Gäste und Pilger
    • Pilgern im weiteren Sinn: Unterwegs-Sein, Bewegung, Kontakt zur Natur
    • Musik, Chor, … Gestaltungsmöglichkeiten und Potential
    • Die Benediktinerabtei Tholey liegt nicht auf dem Gebiet der „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“; jedoch in räumlicher Nähe. Einige Gesprächshinweise verweisen auf die Abtei als spirituellen Ort (in WND, im Saarland).

     

    angeregt

    „Ich wohnte zehn Jahre lang direkt neben einer katholischen Kirche. Vom Balkon aus, auf dem ich immer rauchte, konnte ich das Gebäude sehen. (…) Warum suche ich keinen Kontakt zu meiner neuen Gemeinde? … Menschen, die in der Kirche alles richtig machen, an der richtigen Stelle aufstehen, die Lieder auswendig kennen und mir dadurch das Gefühl geben, nicht auszureichen. … Wenn ich mir beispielsweise die Homepage meiner Gemeinde anschaue, sehe ich nichts, was Außenstehenden – und so einer bin ich – signalisiert: Komm doch mal vorbei! Da ist kein: Super, dass Du da bist.  … Sicher, es gibt einen Chor,… Kaffeekränzchen für die Zielgruppe Ü65.  … Aber ich brauche keinen Adventsbasar, keine Waffelstände, kein schlecht gezapftes Bier aus schlecht gespülten Biergläsern. Wieder eines der Klischees, ich weiß.

    Mir fehlen Angebote, um Ruhe zu finden. Angebote, die eine Spiritualität in den Alltag bringen. Kleine Impulse. … Und mir fehlen Gesichter. Mir fehlen echte Menschen mit Leidenschaft, die für ihre Sache brennen und dadurch ihre Gemeinde nach außen vertreten. … Ich wünschte mir, dass meine Gemeinde vor Ort … leichtfüßig agieren würde. Die Kirchen wären voller, das Gemeindeleben lebendiger, die Menschen näher bei ihren Nachbarn. Näher bei sich selbst. Und Gott." (Mirko Kussin: in Ders./Hertewich, Ursula, ZweiSichten. Gedanken über Gott und die Welt, Asslar 2018, 134-136.)

  • IV. „Ersatzspieler?“ Freiwilliges Engagement, Ehrenamtliches Tun, Hauptberufliches Arbeiten

    hingehört

    „Aus Trauer wurde Wehmut, aus Verzagtheit der Wille zum Aufbruch“

    Große emotionale Bindung der Ehrenamtlichen zu ihrer Kirche.

    [Memo WND 24 in der Dokumentation]

     

    „Wir hangeln uns so durch“; „Ehrenamtliche werden verprellt“

    [Memo WND 8 in der Dokumentation]

     

    „So weit geht es gut, wobei die ‚Zufriedenheit‘ mit den Ergebnissen der Synode sich nach wie vor in Grenzen hält. Liegt wohl daran, dass bis heute keiner mit uns Ehrenamtlichen gesprochen hat, dabei sind wir doch gar nicht so schlimm, oder?“

    [Anhang WND 4 in der Dokumentation]

     

    „Kirche sind ja nicht nur die Priester, sondern viele pastorale Mitarbeiter: Diakone, Gemeindereferenten, Pastoralreferenten und alle Getauften. Leider tauchen manche kirchliche Mitarbeiter und auch viele Getaufte überhaupt nicht im Leben der Menschen auf. Da muss sich etwas ändern. Die Größe der Struktur ist doch egal, wenn es genug Menschen gibt, die Lebens- und Glaubensqualität gestalten wollen“ (Laura, 38 Jahre, Eventmanagerin).

    [Memo WND 24 in der Dokumentation]

     

    nachgedacht

    Eine Schlüsselfrage, gerade von jenen aus dem inneren Bereich der Kirche gestellt:

    Wie geschieht das Zueinander und Miteinander von ehrenamtlichen Tun und hauptberuflichen Arbeiten? Es kann als d a s große Thema der Zukunft identifiziert werden. Es sind auch „Verletzungen“ von „Ehrenamtlichen“ zu spüren. Deutlich wird das exemplarisch am Thema der Gestaltung von „Wort Gottes Feiern“ (bzw. Ausbildung von Leitern für „Wort-Gottes-Feier“, mehrfache Nennung des Themas; das betrifft die „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“ und darüber hinaus). „Ist es nicht ein Schritt zurück, wenn wir schon da dran waren (Wort Gottes Feier am Sonntag) – und dann wurden wir ‚von oben‘ zurückgepfiffen?“ („Rendez-Vous im Raum“, Oberthal). Gesellschaftlich und binnenkirchlich taucht das Thema „freiwilliges Engagement“/ „Ehrenamt“ immer wieder in der ganzen Bandbreite auf und verdient eine entsprechende Würdigung in der „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“. „Rendez-Vous im Raum“ in Oberthal, „Erkundergespräch am 29.09.2018 in WND, Forum am 08.02.2019 in Oberkirchen).

     

    thinktank

    • „Ehrenamtliche“: Wo, mit wem und an welchen Orten?
    • Förderung und Begleitung
    • Neue Denkmuster, andere „Rollen“, kirchliche Gremienarbeit
    • Wie mit der Situation umgehen: Weniger hauptberufliche (pastorale) Mitarbeiter/innen mit den gleichen Aufgaben?
    • Pastorale Teams aus Ehrenamtlichen und Hauptberuflichen (s. Vorschlag Leitungsmodell der Diözesansynode)
    • Verlässliche Ansprechpartner vor Ort
    • Weltkirchliche Lernerfahrungen und Blick über den Horizont: Kirchenmodelle aus dem „Schatz“ der Weltkirche können Impulse geben [Memo WND 24 in der Dokumentation]
    • Fortbildungsprogramme ermöglichen, s. Idee „Lokale Kirchenentwicklung“
    • „Kirche braucht ein Gesicht – der Identifikation – vor Ort“ – Kirch-Orte; lokal verantwortet
    • Reflexion und Gespräch zur „Volk Gottes Theologie“ der gemeinsamen Verantwortung aller Getauften (s. Synode, herausgerufen).

     

    angeregt

    „Angesichts der neuen Perspektive des überpfarrlichen Personaleinsatzes wird eine große Sorge sehr deutlich, die die Christ(inn)en vor Ort haben. Werden sie nun alleine gelassen, wenn noch größere Räume zu gestalten sind? Mit viel Selbstbewusstsein und auch viel Kompetenz setzen sich Engagierte an allen Orten ein. ‚Aber wir brauchen einen verlässlichen Ansprechpartner‘, sagen alle. Und das scheint oft nicht so zu sein. Engagierte Ehrenamtliche spüren oft, dass ihnen Aufgaben zugemutet werden, die sie als Ersatz für Hauptamtliche erscheinen lassen. Da sie keine hinreichende und angemessene Unterstützung bekommen, fühlen sie sich als überforderte Ersatzspieler. Und dann wirkt die Rede davon, dass wir das gemeinsame Priestertum der Getauften stärken wollen, wie eine ideologische Rede, die nur den Mangel überdecken soll. Wo andererseits diese Begleitung vorhanden ist, wo Hauptberufliche einen zugewandten, ermöglichenden Leitungsstil pflegen, ein offenes Ohr für Probleme und Sorgen haben, nachfragen, steigen die Freude und die Motivation. Es ist erfrischend und anziehend, wenn jemand sagt: Meine Aufgabe hier macht mir Spaß, ich bekomme so viel zurück und werde gut unterstützt." (Hennecke, Christian/Müßig, Christiane, 119- eine spannende Reise in 15 Erfahrungen, in: PastBl 71 (2019) 3-9, 8.)

  • V. „Suchet der Stadt Bestes! (Jer 29,7)“ – Und das „Land“?

    hingehört

    „angeblicher Rückzug der Kirche auf dem Land; grundsätzlich jede Zusammenarbeit von Kirche und Zivilgesellschaft; das dient dem größeren Ganzen; Zeit der splendid isolation vorbei“

    [Memo WND 09 in der Dokumentation]

     

    Verlustängste der (kirchlichen) Gemeinden außerhalb der „Stadt“: Zentralisierung?

    („„-Vous“-Vous im Raum“, „Erkundergespräch am 29.09.2018 in WND, Forum am 08.02.2019 in Oberkirchen) [Memo WND 08 in der Dokumentation]

     

    Mobilität auf dem Land? Alterseinsamkeit ?

    [Memo WND 03 in der Dokumentation]

     

    Initiativen in der Stadt: Attraktion und Aktivitäten

    [Memo WND 17] [Memo WND 21 in der Dokumentation]

     

    Die „Stadt“ Sankt Wendel: Angebote mit einer regen Kultur

    [Memo WND 03] [Memo WND 05 in der Dokumentation].

     

    nachgedacht

    In der „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“ erleben wir eine gewisse ‚Polarität‘ zwischen „Stadt“ und „Land“. Das betrifft die Zivilgesellschaft, das betrifft die Kirche. Die Wahrnehmungen sind unterschiedlich, es sind oft mehrere Facetten genannt.

    Das „Umland“ wird mit seiner besonderen schönen Landschaft erwähnt. Natur und Tourismus spielen eine Rolle. Wachsender Bereich der Reisebranche (hier auch Nennung des Bostalsees, auch wenn er nicht direkt zum Territorium der PdZ Sankt Wendel gehört). Neue Wander- und Pilgerwege verdanken sich der attraktiven Weggestaltung, auch Ausbau des Fahrradnetzwerkes (vgl. Rad-Wallfahrt am 15. August zu Sternwallfahrt an Maria Himmelfahrt von Namborn aus). Die besondere Verwurzelung mit „dahemm“ (O-Ton) wird deutlich („hier will ich nicht weg, die Zeit bei der Bundeswehr ‚auswärts‘ war schlimm. Hier geht’s uns gut“, TN- Wallfahrt am 15.08.2019).

    Anderseits Sorge um Überalterung in den Dörfern und die Frage nach Ausbildungsmöglichkeiten für junge Menschen. (vgl. hierzu „Rendez-Vous im Raum“, „Erkundergespräch am 29.09.2018 in WND).

    Die „Stadt“ wird mit einer regen Kultur wahrgenommen. [Memo WND 03] [Memo WND 05]. Arbeitsplätze (Mittelständische Unternehmen) sowie eine gute Versorgung (Behörden, Medizin, Einkaufsmöglichkeiten). (vgl. hierzu „Rendez-Vous im Raum“, „Erkundergespräch am 29.09.2018 in WND).

    Für den „innerkirchlichen“ Bereich die Angst/Sorge: Ist die „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“ mit dem Sitz in der Stadt nun wichtigster (alleiniger) Ort? Ist das „Land“ (sind wir auf dem Land) abgehängt?

     

    thinktank

    • Zueinander Stadt/Land
    • Lebensthemen der ländlichen Bevölkerung: Wie handeln und reagieren wir als Kirche?
    • Tourismus im Sankt Wendler Land; Gäste in der Stadt
    • Sankt Wendel als Region des Radfahrens mit (internationalen) Gästen  - ist das eine Überlegung für die „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“ Kirche des „Willkommens“: Gastfreundschaft für Fremde?
    • Kirchliche Initiativen in der Stadt als Verbindung zwischen „Kultur“ und „Kirche“, s. Gespräche im Pfarrgarten (Sommer); Welche gesellschaftsprägende Akzente ?
    • Wo Verbindungsgespräche, nicht nur in der Routine der alljährlichen Gespräche zwischen Spitzenvertretern von (Lokal-)Politik und Kirche, sondern im gemeinsamen Anliegen „Suchet der Stadt Bestes“?
    • Pastorale (organische) Schwerpunktsetzung der Pastoral für die Innenstadt – und Akzentuierung der Pastoral im ländlichen Bereich ?

     

    angeregt

    „Wir müssen die Stadt von einer kontemplativen Sicht her, das heißt mit einem Blick des Glaubens erkennen, der jenen Gott entdeckt, der in ihren Häusern, auf ihren Straßen und auf ihren Plätzen wohnt. Die Gegenwart Gottes begleitet die aufrichtige Suche, die Einzelne und Gruppen vollziehen, um Halt und Sinn für ihr Leben zu finden. Er lebt unter den Bürgern und fördert die Solidarität, die Brüderlichkeit und das Verlangen nach dem Guten, nach Wahrheit und Gerechtigkeit. Diese Gegenwart muss nicht hergestellt, sondern entdeckt, enthüllt werden. Gott verbirgt sich nicht vor denen, die ihn mit ehrlichem Herzen suchen, auch wenn sie das tastend, auf unsichere und weitschweifige Weise tun.“

    Papst Franziskus, Evangelii Gaudium Nr. 73.

  • VI. „Und die anderen?“

    hingehört

     „Also, Leute, ihr stellt Fragen. Es gibt ja schon coole Typen unter den Kirchenmenschen, bei denen ich den Eindruck habe, sie glauben und leben das, was sie den Leuten predigen, wo ich den Eindruck habe, sie interessieren sich wirklich für mich. Aufregen tun mich aber die anderen, die wie „abgefahren“ rumstehen oder abwesend durch die Menge gehen und den Einzelnen gar nicht wahrnehmen. Dann kann man auch Roboter losschicken. In der Pflege werden die ja auch eingesetzt.“
    (Harald, 26 Jahre, Bankkaufmann). [Memo WND 22 in der Dokumentation]

     

    „Die legen einen coolen Auftritt hin in coolen Kostümen, aber keine Ahnung, was die da schaffen“ (Cindy, 14 Jahre). [Memo WND 22 in der Dokumentation]

     

    „Kirche müsste sich mehr erklären. Aber wer liest denn schon Pfarrbriefe und den Paulinus. Die wenigsten. Die Frage ist, wie Kirche die fragenden und suchenden Menschen erreichen kann und mit welchen Medien oder mit welchen Menschen“
    (Klara, 60 Jahre, Verwaltungsangestellte). [Memo WND 22 in der Dokumentation]

     

    „Existentielle Schnittstellen hier im Krankenhaus. – Und: Mehr und mehr angestellte ohne Religionszugehörigkeit.“ [Memo WND 06 in der Dokumentation

     

    „Beratung, Unterstützung, Hilfe – ob die Kompetenz auch noch in der klassischen Pfarrgemeinde angefragt wird?“ [Memo WND 13 in der Dokumentation]

     

    nachgedacht

    Die Interviews mit Gesprächspartner außerhalb des kirchlichen „Dunstkreises“ (vgl. etwa  [Memo WND 15 in der Dokumentation]) oder eher zufällig ausgesuchte Interviews (wie z.B. vorm Einkaufszentrum) zeigen: das kirchliche oder ‚pfarrgemeindliche‘ Leben ist für viele Bürger der Stadt/des Landkreises fremd, spielt kaum eine Rolle oder ist den Menschen total egal. Gespräche mit den jüngeren Menschen lassen eine Distanz zur Kirche erkennen. Es ist von „christlichen Analphabeten“ [Memo WND 21 in der Dokumentation] die Rede, von einer wachsenden Gruppe innerhalb der Gesellschaft, so auch in Sankt Wendel.

    Mitarbeiter der caritativen Einrichtungen weisen darauf hin, dass eine Generation von Beschäftigten im Dienst ist, die ihre Einrichtung als Arbeitgeber schätzen, die jedoch keine „innere Verbundenheit“ bzw. „Heimat“ dort sehen. Unsere Gesprächspartner sehen hierin eine Chance, um mit Menschen die christliche Botschaft neu/anders zu entdecken. Also: weniger ein Lamentieren, über das, was nicht mehr ist; sondern als ein Entdecken des „Angebotes“ einer lebensrelevanten Botschaft. Der „Hunger“ nach „mehr“ ist da, direkt wie z.B. bei der Tafel [Memo WND 25 in der Dokumentation] – aber auch „indirekt“ in der Suche nach einem gelingenden und erfüllten Leben [vgl. Memo WND 26]. Die „großen“ Themen wie Sinn, Existenz, Krankheit, Leid,… werden gestellt [Memo WND 13 in der Dokumentation]; die Kirche ist eine Hilfe/Stütze in der Kontingenzbewältigung. Menschen „fragen“ unvoreingenommen. Der Wandel der Gesellschaft ist eine Chance für eine diakonisch-missionarische Kirchenentwicklung. (Vgl. Etscheid-Stams, Markus/Laudage-Kleeberg, Regina/Rünker, Thomas, Hg., Kirchenaustritt – oder nicht? Wie Kirche sich verändern muss, Freiburg 2018, 292f.)

     

    thinktank

    • Ansprechbarkeit, Präsenz von „authentischen“ Christen (ehrenamtlich/hauptberuflich), die sich anfragen und hinterfragen lassen
    • Ehrliche und diskrete „Orte“ der Begegnung
    • Menschen, die noch nie mit dem Glauben/der Kirche zu tun hatten: Was haben sie uns zu sagen? Wo sind überhaupt Berührungspunkte?
    • Sinus-Milieu Studie
    • Wege des Erwachsenenkatechumenates ?
    • Pastoral für Suchende, Zweifelnde und Foren des Dialogs auf der Höhe der Zeit
    • Die Botschaft des Evangeliums als „Einladung“

     

    angeregt

    „Also müssen wir umkehren. Wir müssen den kirchlichen Allmachtsphantasien ebenso entschlossen den Abschied geben wie einem pastoralen Sendungsbewusstsein, das nur geben und nicht empfangen will, nur lehren und nicht lernen. Wir können von den Kirchenfremden viel lernen, sogar von Geschiedenen, Gescheiterten, von Leuten, die Umwege gemacht und Federn gelassen haben. In all dem haben sie nämlich Erfahrungen gemacht, die mit der unbegreiflichen Treue Gottes zu tun haben, der seine Sonne aufgehen lässt über Guten und Bösen und regnen lässt über die Äcker der Gerechten und der Ungerechten (Mt 5, 45). Wer sich für diese Erfahrungen nicht interessiert, weil er glaubt, er wisse schon, wer Gott ist und was Gott kann, taugt nicht für das Reich Gottes.  … Wer ihnen nur begegnet ‚um zu‘, begegnet ihnen überhaupt nicht, sondern tut nur so ‚als ob‘. Er verfehlt nicht nur die andern, sondern Gott. Deshalb muss er leer ausgehen. Im Fremden begegnet uns Gott.“ (Zerfass, Rolf, Was sind letztlich unsere Ziele? Pastoralpsychologische Thesen zur Motivationskrise in der Pastoral der Kirchenfremden. In: Katholische Glaubens-Information, Hg., Erfahrungen mit Randchristen. Neue Horizonte für die Seelsorge, Freiburg 1985, 43-64, 63.)

Herzschläge spüren

Drei Initiativen, die wir während der Erkundungsphase in der „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“ entdeckt haben, stellen wir gerne vor. Es ist eine Auswahl… und auch hier geht es um das exemplarische Tun. Warum gerade diese drei Beispiele? 

  • Alle drei Initiativen lassen „Herzschläge“ von Menschen spüren, die begeistert von „ihrer Sache“ sind. Sie stecken mit ihren Ideen und deren Umsetzung an. 
  • Alle drei Initiativen sind noch relativ neu. Sie bringen eine gute Portion Eigeninitiative der Verantwortlichen mit (Stichwort: Ehrenamt!). Die Initiatoren probieren aus, lassen sich nicht entmutigen („Das war noch nie so“, „geht sowieso nicht“). Und: alle drei Initiativen stehen für Projekte, die durch und durch „geistvoll“ sind: Die Initiatoren lassen sich vom Evangelium her inspirieren, handeln danach, sehen darin ihren eigenen inneren Bezugspunkt.

Wir fragen uns: Stehen die drei Beispiele für die Möglichkeit einer Netzwerkpastoral, in der „Getaufte“ (um die Worte „ehrenamtlich“ oder „hauptberuflich“ zu vermeiden) in der „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“ ihren Weg gestalten und dafür eigenverantwortlich einstehen? Als Erkunder sagen wir:„Ja!“ Mit der Nennung der Beispiele möchten wir gerne auch andere einladen und ermutigen, eigene Schritte in das „Morgen“ der „Pfarrei der Zukunft Sankt Wendel“ zu gehen.

  • I. „Ich bin dann mal da“ – Pilgerinitiative

    Anne Geiger hat nach einer eigenen Erfahrung als Pilgerin mit einer Freundin auf dem Weg nach Santiago die Idee des Pilgerns für ihre Heimat praktisch umgesetzt. [KURZDOKU WND 02]; [ANHANG WND 13 in der Dokumentation]. Für alle, die nicht über einen längeren Zeitraum verfügen, um den Jakobsweg zu gehen, bietet sie mit ihrem Team Pilgerwanderungen in regelmäßigen Abständen im Sankt Wendler Land an. Anne, mit einer Pilgerbegleiterausbildung (im Schwarzwald) mit Zertifikat, hat den gesellschaftlichen Trend des Pilgerns entdeckt und lädt in Kooperation mit der Pfarrgemeinde zum Pilgern ein: Eintägige Wanderungen oder aber Wochenendtouren gehören zum Programm. Als Erkunder waren wir hier und da zu Gast. Die liebevolle Vorbereitung der Touren, die sorgfältige Auswahl von Themen und Texten, der Hinweis auf Momente des Schweigens oder der Austausch beim gemeinsamen Gehen. Die Anknüpfungspunkte sind vielfältig. Menschen mit einer spirituellen Sehnsucht finden in der Pilgerinitiative eine Resonanz (vgl. III. „Wohin gehen wir, um das zu fi nden, was unsere Seele nährt?“). Und das sogar vor der eigenen Haustür, im Entdecken der Natur des Sankt Wendler Landes. Das Thema Schöpfungsverantwortung ist präsent.

    Eine weitere Überlegung im Kontext des Pilgerns ist 2018 realisiert worden: Eine Wanderung in der Frühe zum Sonnenaufgang an Maria Himmelfahrt mit Gottesdienst. Die Planung dafür war ein Wagnis. „Kommt überhaupt jemand?“ „So früh am Morgen?“ (vgl. 2 A I. „Die Freude am Neuen“). Eine Gruppe Neugieriger hat sich also 2018 auf den Weg gemacht und die Idee hat viele begeistert. Im Jahr 2019 hat die zweite Wanderung (als Sternwallfahrt von mehreren Orten aus) stattgefunden. Neben den Fußpilgern war auch eine Gruppe von Radfahrern aus Namborn dabei. Wolken und Regen haben zwar den „Sonnenschein“ vereitelt – der frühe Morgen des Feiertages wurde jedoch auch 2019 mit Gottesdienst und Frühstück (jeder trägt aus dem eigenen RuckSack etwas zum Buffet bei) gefeiert. Für uns als Erkunder war die Beteiligung an der Sternwallfahrt am 15. August unsere letzte „offizielle“ Erkunder–Begegnung in Sankt Wendel: Eine Begegnung voller Bewegung mit Menschen aus verschiedenen Richtungen. Und mit glücklichen Teilnehmer/innen! http://www.pgwnd.de/index.php/Pilgergruppe.html 

     

  • II. „Gudd Zweck“ und „Café Edelstein“ in Oberkirchen

    Die Begegnung mit dem Ehepaar Michaela und Michael Roos im Januar 2019 findet „zufällig“ in Sankt Wendel statt. Schnell kommen wir am Rande eines Gesprächsabends mit den Eheleuten ins Gespräch, die uns von ihren Aktion „Gudd ZweckAktionen“ (www.guddzweck.de ) berichten. Überzeugung und Tatkraft sind die Schlüsselworte (vgl. II. „Unsere Option: für wen?“). Die Einsicht „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“ ist für die Initiative leitend. Das Brillen, Deckel, Kork, Kronkorkensammelprojekte & mehr (u.a. zugunsten eines Projektes auf den Philippinen) sowie die Vernetzung mit weiteren Akteuren lässt die große Leidenschaft für die Sache erkennen. Aber auch: Da ist Souveränität und Freiheit zu spüren, einfach für die gute Sache anzufangen! „Ja, eine Unterstützung durch die Kirche bzw. hauptberufliche Mitarbeiter das wäre wünschenswert, doch wir haben begonnen und sind auf einem guten Weg“, heißt es im Gespräch. So wie bei „Gudd Zweck“, so können wir uns die Weiterentwicklung eines ehrenamtlichen Engagements für die Zukunft vorstellen. (vgl. IV. „Ersatzspieler?“ Freiwilliges Engagement, Ehrenamtliches Tun, Hauptberufliches Arbeiten).

    Im Februar 2019 sind wir zu einem Gesprächsabend in Oberkirchen eingeladen, um vor Ort das begonnene Gespräch weiterzuführen. Ein Besuch im „Café Edelstein“ gehört dazu. Die neue Initiative des Cafés geht zurück auf die Fragen: „Was geschieht im Ort für das Zusammenleben?“ „Wo können die (älteren) Menschen am Sonntag hingehen?“ „Wo ist ein Raum und ein Ort der Begegnung?“ Das bisherige HeimatMuseum (mit Edelsteinen der Region) in der Alten Schule wurde 2018 kurzerhand zu einem „Sonntagscafé“ mit selbstgebackenem Kuchen erweitert. „Café Edelstein“, so heißt die neue Initiative, die im Ort Oberkirchen gut angenommen wird. Aber auch Einzelgäste, und Touristen sind willkommen – wie auch größere Wandergruppen. Ehrenamtliche Helfer (das ganze engagierte Team vom Heimat und Verkehrsverein Weiselberg e.V.) stehen für dieses Projekt ein. Ein wahrer Dienst für die Menschen in Oberkirchen und darüber hinaus… 

     

  • III. „Feingefühl“

    Anton Stier erzählt beim „Rendezvous im neuen Raum“ in Oberthal (April 2018) von „Feingefühl“: Das ökumenische Projekt „Feingefühl“, von hauptberuflichen pastoralen Mitarbeitern mitverantwortet, versteht sich als ein offenes „Foyer“, in dem auch Suchende einen Platz haben (vgl. VI. „Und die anderen?“). Die Gesprächsreihe „Feingefühl“ bietet ein weites thematisches Spektrum, ist aber auch eine Möglichkeit, um einzelne konkrete Veranstaltungen/Aktionen zu überlegen. Es geht um gesellschaftspolitische Themen.

    Im weiteren Umfeld haben wir die Reihe der ökumenisch gestalteten „hoffnung gottesdienste“ kennengelernt. Die „hoffnung gottesdienste“ sind 2015 entstanden ist, als eine große Zahl von Geflüchteten nach Deutschland kommt. Es ist das Anliegen der „hoffnung gottesdienste“, „Gebet“ und „Politik“ zu verbinden. Im August 2019 feiert eine beachtliche Zahl von Menschen den 50. „Hoffnung Gottesdienst“, der übrigens saarlandweit in den Medien aufgenommen wird.

    Das Thema der Migration ist indes für das Team um Anton Stier weiterhin wichtig: Am 30. Juni 2019 findet eine spontane Solidaraktion für „Sea Watch“ und deren Kapitänin Carola Rackete vor der Basilika Sankt Wendel statt. Die Teilnehmer der Aktion tragen symbolträchtig Schutzdecken, wie sie von der Seenotrettung bekannt sind. Die Aktion spricht die Passanten um die Basilika als eine starke Solidarität mit Geflüchteten und als ein prophetisches Zeichen gegen die menschenverachtende Hetze/Rassismus (vgl. II. Unsere Option: für wen?). Die lokalen Medien berichten über die spontane Solidaritätsaktion. Im Sommer 2019 findet ein Gesprächsabend mit dem aus Winterbach stammenden Jonas Müller statt, der aus eigener Erfahrung von der Seenotrettung berichtet. (ANLAGE WND 12 in der Dokumentation )

    „Feingefühl“ schafft (als eine kirchliche Initiative) eine Vernetzung von Menschen, die sich zu relevanten Themen am Puls der Zeit äußern und Stellung beziehen.