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Die vorliegenden Dokumentationen beziehen sich auf die „Pfarrei der Zukunft“, wie sie durch den Prozess der Raumgliederung von 2017-2018 umschrieben wurde.
Nachdem der Bischof das Gesetz zur Umsetzung der Ergebnisse der Diözesansynode von 2013-2016 zurückgenommen hat, wie er in der Pressekonferenz am 20. November 2020 angekündigt hatte, wird dieser Raum nicht als kanonische Pfarrei (nach can 515 cic) errichtet.
Trotzdem werden wir die Bezeichnung „Pfarrei der Zukunft“ in den Erkundungsberichten beibehalten, da dieser Begriff in den vergangenen Jahren ein Arbeitstitel für die neu zu gründenden Räume war. Ebenso wäre es ein sehr hoher redaktioneller Aufwand, dies in den vorliegenden Dokumentationen zu verändern, da der Redaktionsschluss vor den Gesprächen des Bischofs mit der Kleruskongregation und dem päpstlichen Rat für die Gesetzestexte lag.
Hier können Sie die PDF des gesamten Erkundungsberichts (inklusive der im Text erwähnten Anlagen) aus der Pfarrei der Zukunft Idar-Oberstein herunterladen.
Im Folgenden benennen wir Punkte, die uns in der Zeit des Erkundens aufgefallen sind. Sie scheinen uns für den Weg der „Pfarrei der Zukunft Idar-Oberstein“ wichtig. Die Auflistung ist wiederum nicht erschöpfend; es geht vielmehr um Impulse, mit denen inhaltlich weitergearbeitet werden kann. Es sind knapp verfasste Gedanken, keine längeren Abhandlungen.
Die zu Beginn der Erkundungsphase veranstaltete „Sehschule“(VGL. ANHANG 01 in der Dokumentation) gibt Einblicke und nennt Themen. Es ist ein weites Spektrum, bisweilen ein „Wunschkonzert“. Eine Auswahl und Prioritätensetzung bzw. Konkretisierung steht aus.
Sie drückten sich sehr deutlich aus: „Nennen Sie mir nur eine Ecke in Kirchen dieser Stadt, die von Jugendlichen gestaltet werden darf.“(SVEN, 17 JAHRE, ABI 2020) Derselbe Sven: „Kirchliche Jugendarbeit spricht nur ‚Auswahlmilieus‘ an, was ist mit kirchlichen Streetworkern?“Jugendliche formulieren auch, dass Jugendherbergen Orte der internationalen, religionsübergreifenden Begegnung und Kommunikation sind: beim Essen, beim Spiel vor der Jugendherberge, beim Feiern. Frage eines Jugendlichen: Warum gibt es in Jugendherbergen nicht so etwas wie Räume der Stille, des Gebetes? Beten ist doch religionsübergreifend und Kirche oder Glaubensgemeinschaft könnten Ansprechpartner, die mit Jugendlichen „können“, zur Verfügung stellen, die zuhören und nicht wertend sind. Weder zuhause, noch in der Schule, noch in der Kirche und Glaubensgemeinschaft stellen wir die Sinnfragen so wie in einem offenen Rahmen. (KURZDOKU 05 in der Dokumentation)
Vielen Rentnern geht es finanziell nicht so gut. Viele sind morgens unterwegs, um günstig zu frühstücken oder Mittag zu essen und um nicht allein zu sein. Die Kirchen könnten sich mehr engagieren, um Rentnern eine Aufgabe zu geben z.B. Führung durch die Kirche. „Ich freue mich, wenn die Touristen kommen, dann kann ich viel über meine Stadt erzählen und Tipps geben, was sich lohnt, zu sehen“.(KURZDOKU 03 in der Dokumentation)
Hilflosigkeit und Überforderung von neuzugezogenen Alleinerziehenden: ihre Trauer über Trennung und Über-forderung mit Kind rufen nach Hilfe. Hinzu kommen Schwellenangst, Behörden nach Hilfsmöglichkeiten zu fragen; existentielle Sorgen kommen hinzu. (KURZDOKU 06 in der Dokumentation)
Die Caritasmitarbeiterinnen und -mitarbeiter sind bei einer Befragung in der Innenstadt (von Idar-Oberstein) durchaus im Bewusstsein der Menschen durch ihre Nähe zu den Menschen, ihre Herzlichkeit. Sieben von zehn befragten Menschen wussten, wo der Caritasverband ist; drei von zehn, wo die nächste Kirche ist.
Daher deutliche Anfragen an die evangelische und katholische Kirche, ein Netzwerk mit Caritas, Diakonie, einer Familienbildungsstätte für Alleinerziehende zu schaffen. Auch ein „Begegnungscafé“ in erreichbarer Nähe zu Bahn- und Busverbindungen wäre wünschenswert. Da die Zahl der neuen Lebenskonzepte wächst: was kann Kirche (evangelische wie katholische) Alleinerziehenden anbieten?
Wir erkennen Dankbarkeit für die Präsenz der Caritas, für ihre den Menschen zugewandte Arbeit. Natürlich wird dabei die Frage nach der Pastoral auf neue Weise wach: wird die Pfarrei der Zukunft in einer um ihre Bedeutung ringenden Stadt mithelfen am Netzwerk, gemeinsam mit der Stadt und der Caritas? Werden junge wie alte Menschen eingebunden werden können in einen Prozess, der wirklich „zum Wohl der Stadt“ führen will? Wir erkennen Hilflosigkeit und durchaus Bereitschaft, sich einzubringen.
Für die Zeit des Erkundens in der „Pfarrei der Zukunft Idar-Oberstein“ gilt nach Absprache (mit dem Dekanatsteam) das „exemplarische“ Erkunden für den Bereich Kirn als Schwerpunksetzung in der „Pfarrei der Zukunft“ mit einer Reihe von Abendveranstaltungen. Die Dokumentation beschreibt (VGL. KURZDOKU 09 UND KURZDOKU 11 in der Dokumentation) ausführlich den zurückgelegten Weg und die damit verbundenen Themenstellungen.
„In einer Diaspora, wo beiden Kirchen die Menschen weglaufen, würde ein spirituelles Zentrum viel Gutes für die Menschen bringen.“(LEHRERIN) (ANHANG 01 in der Dokumentation)
„Kirche gehört hier mehr zu den touristischen Attraktionen und Eventlocations, wenn Sie mal die Felsenkirche betrachten, die jetzt renoviert wird. Ich selbst denke, wenn ich sie von hier unten anschaue an meinen Konfirmationsspruch: ‚Eine feste Burg ist unser Gott‘ und dann mein zweiter Gedanke: ‚Ja, und Burgen gehören der Vergangenheit an.‘ Die Christuskirche wird auch renoviert, nur Baustellen und Leerstände. Wenn die Touristen weg sind, ist Idar-Oberstein eher eine einsame Stadt. Vielleicht sollte Kirche, um wieder Begegnungsort zu werden, in einem der vielen Leerstände einziehen.“RENTNER, 65 JAHRE) (ANHANG 01 in der Dokumentation)
Im Gespräch und während unserer Anfahrten zu den Treffen und Interviews ist uns die genannte Situation des „Leerstandes“ aufgefallen. Die ländliche Situation mit den großen strukturellen Herausforderungen (Mobilität auf dem Land, Generationenfrage, etc.) ist prägend.
Sie leben „zerstreut“, in einer weiten Fläche und in religiöser Hinsicht ist die Rede von der [katholischen] „Diaspora“ (in einer eher evangelisch geprägten Region). Die ökumenische Zusammenarbeit wird stets positiv herausgestellt.
Für die Zukunft ist die Erfahrung der „Diaspora“ wei-send. Hier kann mutig weitergearbeitet werden; nicht (mehr) die „großen Zahlen“, sondern: „Ihre Vitalität [der Diasporaerfahrung] gründet sich nicht mehr auf die Zahl ihrer Mitglieder, sondern auf die Dynamik des Evangeli-ums, die sich bei den Gruppen in ihrer Mitte entwickelt, die sich der Herausforderung der Moderne stellen.“ (Zerfaß, Rolf, Das Volk Gottes auf dem Weg in die Minderheit? Zur pastoralen Aktualität einer zentralen Erfahrung Israels.In: Bauer, Christian/Fuchs, Ottmar, Hgg., Ein paar Kieselsteine reichen. Pastoraltheologische Beiträge von Rolf Zerfaß, Ostfi ldern 2009, 162 – 177, 170)
„Wenn Kirche neue Formate in die Zukunft entwickelt, dann ist hier in der Region der Hildegard-Pilgerweg eine Form von Kirche, die Menschen religionsübergreifend, generationenübergreifend und milieuübergreifend anspricht. Ebenso das Projekt ‚Kirche im Nationalpark‘. Es treibt mich die Frage um, warum gehen wir lange Pilgerstrecken allein oder in Gruppen zu Fuß, aber 500 Meter zur nächsten Kirche motivieren uns in keinster Weise.“(PILGERIN, 32 JAHRE) ANHANG 01in der Dokumentation
Aus der Reihe der Abendveranstaltungen (viermal) in Kirn hat sich die Gestaltung der Kar und Ostertage ergeben. In einer Verzahnung von lokalen Traditionen und Innovation ist eine andere Art der Osterfeier entstanden. Anhang 07 und Anhang 08 in der Dokumentation beleuchten die (Lern)Erfahrungen, die sowohl die Gastgeber in Kirn als auch die Gäste (der „Equipe“) sehr bereichert und inspiriert haben.
Die Begegnungen im Nationalpark (z.T. auf dem Gebiet der „Pfarrei der Zukunft Idar-Oberstein“) stehen für ähnliche Erfahrungen (NATIONALPARK; KURZDOKU 08 in der Dokumentation). Hier ist Vernetzungsarbeit: Der Nationalpark führt zusammen. Es arbeiten schon heute viele Menschen aus der Region zusammen: Tourismus, Verwaltungen, Interessensvertreter und Naturschutzverbände.
Von kirchlicher Seite aus ist das Projekt „NATIONALPARKKIRCHE“ gestartet. Hier gibt es einen Bezugspunkt zum Thema „Spiritualität“ (mit eigenen thematischen Wanderungen), die Kirche in Muhl sowie Bildungsveranstaltungen (u.a. mit dem Bezugspunkt Schöpfung); Ausbildung von „spirituellen Wegbegleitern“. Natur und Ökologie, Wandern und Pilgern gehen hier eine seltene Verbindung ein. In einer strukturschwachen Region ist dieser Nationalpark nicht nur eine Attraktion für Touristen, sondern eine großartige Chance zur Identität der Menschen, die in der weiten Umgebung leben.
Dass Kirche hier präsent ist, muss zu den Glücksfällen einer wirklichen Aufmerksamkeit für die „Realität von heute“ gezählt werden. Vieles ist nur mit vereinten Kräften zu stemmen, und an diesem Ort wird sichtbar und erlebbar, wie Bewahrung der Schöpfung geht, ganzheitlich und deshalb spirituell. Es ist ein „Andersort“ von enormen Ausmaßen und eben im besten Sinn: ganz anders. Das Psalmwort „Du führst mich hinaus ins Weite“ bekommt seinen ganzen Sinn: Aufbruch in die Natur, ein Erleben der komplexen biologischen Zusammenhänge wie auch ihrer Schönheit. Ebenso aber auch das Weiten der eigenen Horizonte, ein wesentlicher Perspektivwechsel, heraus aus dem ziemlich grauen Alltag. Genau in diesem Sinn verstehen wir auch den Slogan: „Der Wald ist meine Kathedrale“. Die eine Gott-Suche ist jenseits des Modells der klassischen Pfarrgemeinde möglich.
Die Zeit der Erkundungsphase war nicht immer konfliktfrei, da wir als Erkunder in der spannungsreichen Zeit der sogenannten „Umsetzung der Diözesansynode“ unterwegs sind. Das Entdecken jedoch, dass sich ‚so viel Leben‘ zwischen Kirn, Birkenfeld und Idar-Oberstein rührt, das hat uns selbst ermutigt! Das ist unser nicht ganz quantifizierbares „Ergebnis“: Die „Lust an Neuem“! Selbst da, wo schon alles geregelt zu sein scheint, da ist Bewegung. Es kommt auf die Perspektive an: Wie verstehen wir unser „Christ-Sein“ in einer pluralen Gesellschaft? Was bedeutet „Kirche-Sein“ in einer Zeit, in der es viele Optionen zur Lebensgestaltung gibt?