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Bericht zur Erkundung in der Pfarrei der Zukunft Bernkastel-Kues

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Hier können Sie die PDF des gesamten Erkundungsberichts (inklusive der im Text erwähnten Anlagen) aus der Pfarrei der Zukunft Bernkastel-Kues herunterladen.

Wege der Erkundung in der Pfarrei der Zukunft Bernkastel-Kues

  • Kontaktaufnahme

    Am 22. März 2018 traf sich unser Erkundungsteam mit der Leitung der Caritas im Bereich Bernkastel-Wittlich, Direktor Frank Zenzen, Rainer Martini, Caritas der Gemeinde und dem Team mit Dechant Georg Moritz, Dekanatsreferent Martin Backes, Pastoralreferentin Ursula Ludwig, Pastoralassistentin Carina Rui, zu einem Gespräch zur Vorstellung und Kennenlernen. Wir informierten einander und tauschten uns aus über die Ziele und die Haltung der Erkunder sowie den möglichen Prozess der Erkundung. Wir erfuhren etwas über die jeweiligen persönlichen Arbeitsfelder bzw. pastoralen Projekte sowie über die Aktivitäten im Rahmen von Caritas der Gemeinde.

    Die Bistumssynode und das verabschiedete Rahmenleitbild wurden nach den ersten Eindrücken sowohl von der Leitung des Dekanats als auch in der Caritas-Geschäftsführung grundsätzlich positiv gesehen. Das galt auch für die Ausrichtung der Erkundung mit ihrem Blick in den sozialen Raum, wie ihn die Synode vorgeschlagen hat. Unsere Gesprächspartner aus dem Dekanat boten ihre Unterstützung im Blick auf mögliche Interviewpartner und die Nutzung interner Verteiler sowie der Organisation von Räumen an, in denen künftige Veranstaltungen stattfinden sollten.

    Am 10. April 2018 hat sich das Erkundungsteam im Dekanatsrat in Monzelfeld vorgestellt. Es ist zu einem regen Austausch über die Sozialraumorientierung gekommen. In fünf Kleingruppen sind anschließend ihre Prinzipien vertiefend besprochen worden. Es bildete sich eine Arbeitsgruppe zur Vorbereitung eines „Rendezvous im neuen Raum“. Ihr gehörten neben dem Erkundungsteam Rainer Martini von Caritas der Gemeinde und die Gemeindereferentinnen Dorothea Berresheim und Monika Bauer-Stutz an.

  • Themenfindung: Das Rendezvous

    Ein großer Schritt in der Erkundung war das Rendezvous für Haupt-und Ehrenamtliche in den Pfarreiengemeinschaften der Pfarrei der Zukunft Bernkastel-Kues. Dieses Treffen wurde bewusst nicht in dem künftigen Pfarrort Bernkastel-Kues geplant. Mit Monzelfeld entschied sich die Vorbereitungsgruppe für ein Dorf, das sowohl von der Mosel her gesehen als auch vom Hunsrück günstig lag. Aus kleinen und größeren Gemeinden des ganzen Gebiets der Pfarrei der Zukunft kamen etwa 80 Teilnehmer. Das Treffen diente dem Kennenlernen sowie dem Austausch und darüber hinaus in Gruppengesprächen („World-Café“) möglichen Themen einer sozialraumorientierten Erkundung [VGL. DAZU DEN BERICHT „RENDEZ-VOUS IN MONZELFELD“ UNTER ANLAGEN].

  • Lokale Miterkunder: Die Workshops

    Haupt-und ehrenamtliche Mitarbeiter kamen im Herbst 2018 zu einem ersten Workshop lokaler Miterkunder im Jugendheim Kues zusammen. In den folgenden Treffen kristallisierte sich ein kleiner, aber sehr aufgeschlossener, engagierter Kern der Miterkunder heraus. Deren Kenntnisse von den Lebensverhältnissen vor Ort, von interessanten Personen und Projekten waren für die Erkundung wertvoll und unverzichtbar. Eigenständige Erkundungen blieben aber die Ausnahme.

    Der Faktor „Zeit“ spielte eine wesentliche Rolle. Im Aus-tausch untereinander war uns wichtig, Erkundung als Haltung zu verstehen:

    Als Erkundende wollen wir Lernende sein, die hinhören und wahrnehmen, sich überraschen und betreffen lassen von den Lebensbedingungen, den Interessen und Bedürfnissen.

    Als Methoden der Erkundung haben wir vor allem das Expertengespräch und die off ene Befragung bzw. Interviews vor Ort ausprobiert.

Erwartungen, Ängste, Chancen

Schon bei den ersten Kontaktbesuchen wurde deutlich, dass es sehr unterschiedliche Erwartungen an den Erkundungsprozess gab. Die Gründe dafür sind vielfältig. Dabei spielen persönliche Einstellungen zur Synode im Bistum (2013 – 2016) eine wichtige Rolle. Deren Ergebnisse sind teils mit Zustimmung und vollständig, teilweise aber auch nur selektiv oder gar nicht rezipiert worden. Einige Gesprächsteilnehmer während der Erkundung haben während der Synode selbst aktiv mitgearbeitet und konnten so ihre Sichtweisen und „Lernwege“ unmittelbar einbringen.

Positiv haben wir im Team die Offenheit wahrgenommen, die uns von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern in den Dekanaten, den Pfarreiengemeinschaften oder einzelnen Gemeinden entgegengebracht wurde. Das gilt auch für die Gesprächspartner in den Kommunen.

Das Interesse daran, wie die Ergebnisse der Synode umgesetzt werden können, mit Ausrichtung auf eine diakonische und missionarische Kirche vor Ort, war mal mehr, mal weniger spürbar. Oft war dieses Interesse von einer unverkennbaren Skepsis bzw. Ängsten und Widerstand begleitet.

Die Frage, welche Ziele die Erkundung konkret verfolge, tauchte immer wieder auf. Dabei stelle sich spätestens beim Rendezvous in Monzelfeld im August 2018 heraus, dass die angestrebte Themenfindung als Teil einer transparenten und partizipativen Erkundung nicht die Erwartungen einer Mehrheit der Teilnehmer betraf. Sie bewegte vor allem die Zukunft ihrer, zum Teil seit langer Zeit bestehenden, Gemeinde.

Es zeigte sich schon beim Rendezvous erheblicher Klärungsbedarf: „Was ist mit unserer Pfarrei?“, „Wie geht es weiter?“ Das betraf sowohl den Einsatz der pastoralen Mitarbeiter, zum Beispiel in den Pfarrbüros, die Verwaltungs- und Pfarrgemeinderäte als auch den Erhalt der Pfarrkirche. Als Erkundungsteam mussten wir im Sommer 2018 und auch in den nachfolgenden Monaten darauf hinweisen, dass wichtige Fragen im Blick auf die Pfarrei der Zukunft noch nicht geklärt bzw. in den Teilprozessgruppen zur Umsetzung der Synode gerade in Arbeit waren.

Ganz wichtig war in der Regel allen Gesprächsteilnehmern während unserer Begegnungen der Kommunikationsprozess selbst. In den Gesprächen stellte sich heraus, wie bedeutsam die Transparenz in der Erkundung und auf dem Weg in die Pfarrei der Zukunft ist und sein wird. Für uns hieß das: Mit allen, die daran Zeit und Interesse fanden, in einer Haltung des Zuhörens und Aufeinander-Zugehens im sozialen Raum tätig zu werden. Dazu haben wir nach dem Rendezvous eine Reihe von Workshops angeboten. Hier wurden Methoden der Erkundung vorgestellt und praktisch eingeübt (Interviews, Expertengespräche, Begehungen). Erkundungsthemen wurden gemeinsam ausgewählt und „unterwegs“, d.h. zwischen den Workshops, gegebenenfalls ergänzt.

Unsere Erwartung nach dem Start im September 2018 mehrere lokale Miterkunder auf Dauer zu finden hat sich nur bedingt erfüllt. Die Teilnehmer an den verschiedenen Workshops kamen fast ausschließlich aus dem binnenkirchlichen Bereich, d.h. angesprochen fühlten sich Männer und Frauen, die schon lange und intensiv, in verschiedenen Gruppen, in der Kirche tätig waren und sind. Einige von ihnen haben sich als lokale Miterkunder über Monate sehr engagiert, andere haben sich rasch wieder ausgeklinkt. Die Gründe dafür wurden außer den zeitlichen Beanspruchungen durch Beruf und/oder vielfältigen ehrenamtlichen Engagements nicht näher erläutert.

„Wir haben vieles verloren“, äußerte eine Frau im Blick auf ihr Dorf an der Mittelmosel. Die Befürchtung nach Geschäften und der einzigen Bankfi liale die kirchlichen Ansprechpartner vor Ort zu verlieren, war unverkennbar [VGL. DAZU DEN BERICHT „UNTERWEGS IN LIESER“ in der Dokumentation ].

Beim Rendezvous in Monzelfeld äußerten Teilnehmer im Blick auf die Pfarrei der Zukunft als ihre Ängste u.a.:

  • „zu weite Wege“
  • „Beheimatung geht verloren“
  • „die Anonymität wächst“
  • „die Glaubenskrise wird noch verstärkt“

Andererseits wurden auch Chancen in der Pfarrei derZukunft gesehen und artikuliert:

  • „mehr Freiräume“
  • „mehr Verantwortung für Ehrenamtliche“
  • „Wir können neue Formen des Gottesdienstes ausprobieren“
  • Kirchenräume neu gestalten und nutzen; konkret: „ein Haus des Gebetes“ einrichten

Ergebnisse / Perspektiven

  • "Nähe" herstellen

    In verschiedenen Interviews und Expertengesprächen haben wir gehört, dass die Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen die Erwartung an Kirche haben, persönliche Ansprechpartner zu finden. Die Gespräche „face to face“ bleiben unverzichtbar und sind, wie leicht einsehbar, durch keine 24-Stunden-Hotline zu ersetzen. Das gilt insbesondere für Ratsuchende, zum Beispiel in der Begleitung von Schwerkranken oder in Trauerfällen. Auch von ehrenamtlichen kirchlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen wird dieser Wunsch sehr deutlich formuliert. Damit könne einer weiteren Entfremdung und Anonymisierung entgegengewirkt werden. Eine Frau brachte es im Gespräch auf den Punkt: „Wir brauchen Ansprechpartner vor Ort.“

    Vor diesem Hintergrund gewinnen „lokale Kirchenteams“, in denen sich „Orte von Kirche“ vernetzen können, zentrale Bedeutung für die Pfarreien der Zukunft. Wie sollte sonst „Gemeinde“ vor Ort erfahrbar sein: In ihren drei Grundfunktionen, deren Zusammenspiel erst „Communio“ schafft – „Gemeinschaft“, die trägt?

  • Die Sorge um den Menschen

    Wir haben im Bereich der Pfarrei der Zukunft Bernkastel-Kues ein breitgefächertes Angebot an sozialen Einrichtungen vorgefunden, die ein gemeinsames Ziel haben: die Sorge um den Menschen. Ob in der Kita, der Schule, im Jugendkulturzentrum, dem Job-Center, Caritas-Einrichtungen, dem DRK-Sozialwerk oder den Kliniken auf dem Kueser Plateau: in all ihrem Tun wurde deutlich, wo der Fokus ihres Handels liegt: in der Begleitung der Menschen vor Ort – angelehnt an ein weites Netzwerk mit vielfältigen Kompetenzen und Partnern.

    Beeindruckend war der wertschätzende Umgang untereinander. Hier wurde diakonische Kirche erlebbar. Im engen Kontakt der verschiedenen Einrichtungen, die sich um Menschen kümmern, lassen sich gute Zukunftsperspektiven für eine diakonische und missionarisch glaubwürdige Kirche entwickeln.

    Die Flüchtlingshilfe kann als positives Beispiel für die „Sorge um den Menschen“ gesehen werden. Seit Jahren sind Gruppen ehrenamtlicher Begleiter und Begleiterinnen aktiv. Als Beispiele seien die „Paten“ aus der Bürgerhilfe Neumagen-Dhron, aus Bernkastel-Kues und das von Georg Gröber und Petra Eibes begründete ökumenische „Miteinander in Morbach“ genannt [VGL. AUCH DEN ZUSAMMENFASSENDEN BERICHT ZUR FLÜCHTLINGSSITUATION IM DEKANAT BERNKASTEL-KUES VON MARTIN BACKES in der Dokumentation].

    Wird die Sorge um den Menschen im Rahmen eines „Willkommensnetzes“ ausgeweitet, wie in einem gemeinsamen Projekt der Caritas und des Bistums geschehen, wirkt sie nachhaltig über die Grenzen der Pfarrei der Zukunft hinaus.

  • "Besondere Orte" von Kirche fördern

    Kirche vor Ort braucht Nähe, zugleich Weite mit Blick für die Bedürfnisse und Lebenssituationen von Menschen, aber auch „Tiefe“. Wir meinen damit „Oasen der Ruhe“, von Besinnung und Gebet, die der geistigen Dimension des Menschen entgegenkommen.

    Exemplarisch seien für die Pfarrei der Zukunft zwei be-sondere Erfahrungsorte genannt:

    • Berglicht mit der Marienwallfahrt in den Monaten Mai bis Oktober mit Gottesdiensten und Lichterprozession. Die Wallfahrt zur „Lieben Frau vom Berge“ hat eine lange Tradition, über 500 Jahre, die weiter belebt wird.
    • Bernkastel-Kues mit Hospital und Cusanus-Stift – ein besonderes Kleinod an der Mittelmosel. „Wegbereiter der Moderne“ ist Nikolaus von Kues genannt worden. Sein Denken und Wirken und seine Stiftung, errichtet als eines der frühesten deutschen Altersheime, die permanent genutzt werden, können für eine diakonisch-missionarisch ausge-richtete Kirche Vorbild sein.
  • Vorbild Kommune

    Die Pfarrei der Zukunft kann von den Erfahrungen in den Kommunen lernen: Bei der Verwaltungsreform auf der Ebene der Verbandsgemeinden stellte sich rasch die Frage nach der Identität und Selbstständigkeit der bestehenden Gemeinden. Das Prinzip der Eigenverantwortung galt es soweit wie möglich zu wahren. Durch die Wahl der Ortsbürgermeister und der Gemeinderäte blieb diese Verantwortung fest verankert. In der Einheitsgemeinde Morbach ist dem beispielsweise durch ein eigenes (begrenztes) Budget und die Wahl des Ortsvorstehers Rechnung getragen.

    Bedeutsam scheint uns als Erkundungsteam zu sein, dass in vielen Kommunen, die diakonische Dimension ihrer Arbeit in der Stadt und auf dem Land gesehen und entsprechend gehandelt wird. Hier bieten sich über die Caritas hinaus für die Pfarrei der Zukunft nachhaltige Chancen der Kooperation. Als beispielhaft seien die Sozialplanung des Landkreises sowie ganz konkret die ehrenamtliche „Sozialkoordinatorin“ in Bausendorf hervorgehoben.

    Eine weitere wertvolle Erfahrung für uns als Erkundungsteam war die Aussage kommunaler Vertreter, dass sie sich „Kirche als starken Partner“ wünschen. Hier liegt für die kommenden Jahre Potential, das gehoben und entwickelt werden kann.

  • Netzwerke bauen

    Es gibt bereits vielfältige Formen der Kooperation im Raum der Pfarrei der Zukunft Bernkastel-Kues. Zukunftsweisend ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Caritas, insbesondere mit Caritas der Gemeinde. Als gelungenes Beispiel eines effektiven Netzwerkes sei die „Bürgerhilfe Neumagen-Dhron“ genannt [VGL. MEMO 011: „NAHE NACHBARN“ in der Dokumentation]. Eine sehr gute Grundlage für binnenkirchliche Vernetzungen bieten Konzept und Praxis von „LoKi“, der „lokalen Kirchenentwicklung Bernkastel-Kues“.

    Für die Entwicklungsperspektive der Pfarrei der Zukunft ist wichtig festzuhalten, dass Erkundung nur exemplarisch erfolgen konnte. Um nachhaltig zu wirken, muss der Weg mit eigenen, neuen Impulsen der Expertinnen und Experten vor Ort fortgesetzt werden: Erkundung ist angestoßen, aber nicht abgeschlossen!

    Expertinnen und Experten vor Ort werden den Weg mit eigenen und neuen Impulsen fortsetzen. Klimaschutz als Bewahrung der Schöpfung ist als große, nachhaltige Aufgabe in den Blickpunkt geraten. Weitere Erkundungen über 2019 hinaus sollten in der Pfarrei der Zukunft dieses wichtige Thema im Blick behalten. Wir haben die „Energielandschaft Morbach“ besucht und mit kommunal Verantwortlichen darüber gesprochen [VGL. MEMO 028 UND 031 in der Dokumentation]. Etwa 50.000 Besucher haben sich bisher über dieses Projekt informiert.

    Wir wollten von Beginn an „lernende Erkunder“ sein und hoffen, dass dies gelungen ist. Bereit sein zu hören: „Was bewegt Menschen wirklich?“, „Welche Bedürfnisse haben sie?“, bleibt im Übergang zur Pfarrei der Zukunft und in ihrem späteren „Innenleben“ eine lohnende Aufgabe.

    Im sozialen Raum weitet sich das Blickfeld. Für eine diakonisch und missionarisch ausgerichtete Pfarrei der Zukunft sind die „lokalen Kirchenteams“ von zentraler Bedeutung. Wie bauen sie sich auf? Welche hauptamtlichen Ansprechpartner werden sie, vor allem im ländlichen Raum, finden? Wieviel Eigenverantwortung, auch in der Leitung von Gemeinden, werden sie entwickeln? Gibt es Ermutigung für ihr Engagement? Initiativen wie die „Lokale Kirchenentwicklung“ Bernkastel-Kues zeugen von einer Praxis, die Engagement fördert und Leben im Licht des Evangeliums deutet.

    Lernen können wir von Erfahrungen, die anderswo gemacht werden. Wir haben nachgefragt und sind auf interessante Perspektiven in einem Bistum der neuen Bundesländer gestoßen [VGL. MEMO 026: „VOR ORT LEBT KIRCHE“ in der Dokumentation].